SODK fordert den Bund auf, rasch zu den ordentlichen Abläufen im Asylverfahren zurückzukehren
Die Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) hat sich heute über die Ukraine-Krise und die damit zusammenhängenden Herausforderungen in der Unterbringung ausgetauscht. Die SODK-Mitglieder teilen die Auffassung des Bundes, dass es mit gemeinsamen Anstrengungen gelingen muss, für alle in die Schweiz geflüchteten Personen ein Bett bereit zu stellen. Gleichzeitig legen sie dem Bund nahe, wenn immer möglich bis Ende November die vorzeitigen Zuweisungen von Asylsuchenden aus dem ordentlichen Verfahren zu beenden: Die Kantone haben unter immensen Anstrengungen die Schutzsuchenden der Ukraine sehr rasch und dauerhaft bei sich aufgenommen, damit der Bund seine Strukturen für Personen aus dem ordentlichen Verfahren nutzen kann. Die SODK dankt dem SEM und der Armee für ihren grossen Effort, um diese Aufgabenteilung wiederherzustellen. Weiter hat die SODK mit Bundesrat Alain Berset über die aktuelle Preisentwicklung diskutiert und Massnahmen zum Kaufkrafterhalt von Sozialhilfeempfangenden beschlossen.
Am Mittwoch hat der Bundesrat beschlossen, den Schutzstatus S für Personen aus der Ukraine bis im Frühjahr 2024 beizubehalten. Die SODK unterstützt diesen Entscheid des Bundesrats und begrüsst, dass der Bund bereit ist, eine weitere Tranche der Unterstützungsgelder für Schutzsuchende (CHF 3000.- pro Kopf) zu sprechen. Der bundesrätliche Entscheid stellt die SODK vor die Frage, wie mit dem Vermögen von sozialhlifeabhängigen Schutzsuchenden umzugehen ist. Bisher wurde es zur Berechnung der Asylsozialhilfe nur in Ausnahmefällen berücksichtigt. Allerdings stösst die unterschiedliche Behandlung von Schutzbedürftigen und anderen Personen im Asylbereich zunehmend auf Kritik. Der Vorstand hat deshalb bezüglich Vermögenswerte eine Angleichung beschlossen: Für Personen mit Schutzstatus S sollen künftig grundsätzlich dieselben Regeln gelten wie für übrige Personengruppen im Asylbereich. Grundsätzlich sind bestehende Vermögenswerte zu liquidieren (bis zu den definierten Freibeträgen) und deren Erlös ist für den Lebensunterhalt zu verwenden, bevor Sozialhilfe bezogen werden kann. Die Sozialämter sollen diese Vermögenswerte von Schutzsuchenden gemäss Empfehlung SODK/SKOS aber nur dann anrechnen, wenn die Verwertung verhältnismässig und zumutbar ist. Auf eine Anrechnung soll verzichtet werden, wenn davon auszugehen ist, dass nahestehende Personen in der Ukraine damit ihren Lebensunterhalt bestreiten oder die Rückkehr sowie die Reintegration in der Ukraine durch die Verwertung erschwert würden. Fahrzeuge müssen gemäss Empfehlung nach 12 Monaten veräussert werden, sofern der Erlös die Kosten für die reguläre Einfuhr mit Verzollung deutlich übertrifft. Alternativ können Sozialdienste (wenn die kantonalen Sozialerlasse dies vorsehen) von sozialhilfeabhängigen Autobesitzern verlangen, dass sie ihr Kontrollschild hinterlegen.
Gemeinsamer Effort, um für eventuelle Notsituation gewappnet zu sein
Weiter hat sich die SODK-Plenarversammlung mit dem stellvertretenden Direktor des SEM, Claudio Martelli, über die Herausforderungen im Asylbereich ausgetauscht. Zwar gehen die wahrscheinlichsten Prognosen vom SEM davon aus, dass im Jahr 2022 insgesamt etwas über 100 000 Personen in der Schweiz Zuflucht suchen (80‘000 Schutzsuchende sowie 24‘000 Asylsuchende). Doch je nach Kriegsgeschehen in der Ukraine und Entwicklung auf den Fluchtrouten könnten es auch mehr sein. Auf diese Eventualität müssen sich der Bund (mithilfe der Armee) und die Kantone (mithilfe des Zivilschutzes) vorbereiten. Die SODK-Plenarversammlung hielt gegenüber dem Bund fest, dass die vorzeitige Zuweisung von Asylsuchenden an die Kantone nur als absolute und kurzfristige Notfallmassnahme akzeptabel ist: Der Bund soll wenn immer möglich bis Ende November wieder zu den ordentlichen Abläufen zurückfinden. Erfreut stellt die SODK fest, dass die Armee dem SEM weiter Plätze zur Bewältigung der Asylkrise zur Verfügung stellt, diese Unterstützung muss möglicherweise noch ausgebaut werden. Ein entsprechender Bundesratsantrag ist rasch vorzubereiten.
Kaufkrafterhalt für Personen in bescheidenen Verhältnissen
Die aktuellen Preisanstiege haben direkte Auswirkungen auf die Sozialhilfe – weshalb sich die SODK-Mitglieder mit Bundesrat Alain Berset über Stützmassnahmen für Menschen in bescheidenen Verhältnissen unterhielten. Gemäss den Sozialhilfe-Richtlinien (SKOS-Richtlinien), welche die SODK im Mai 2016 verabschiedete, wird die Teuerung für Sozialhilfeempfangende ausgeglichen - analog der Anpassungen bei den AHV/IV-Renten. Am 12. Oktober 2022 hat der Bundesrat eine Anpassung der AHV/IV-Renten um 2.5% an die aktuelle Preis- und Lohnentwicklung beschlossen. Die Teuerung werde damit beinahe vollständig ausgeglichen, so Bundesrat Berset. Die Plenarversammlung der SODK nimmt Kenntnis davon und empfiehlt den Kantonen, diese Anpassung in ihren Sozialhilfeerlassen nachzuvollziehen. Der Grundbedarf soll in einem ersten Schritt gemäss Entscheid des Bundesrates um 2,5% auf 1031 Franken angehoben werden.
Im Parlament sind jedoch drei Motionen hängig, die weitergehen und den vollständigen Teuerungsausgleich bei AHV- und IV-Renten fordern. Heisst das Parlament diese Vorstösse in der Wintersession gut, empfiehlt die SODK, den Grundbedarf in der Sozialhilfe in einem zweiten Schritt im gleichen Mass an die Teuerung anzupassen wie die AHV/IV-Renten. Der volle Teuerungsausgleich würde eine nochmalige Erhöhung auf 1040 Franken bedeuten.
SODK-Präsidentin Nathalie Barthoulot hält dazu fest, dass der Anstieg der Teuerung bereits seit Sommer 2022 deutlich spürbar sei und die Kaufkraft der Sozialhilfebeziehenden einschränke. „Wir müssen deshalb diese Anpassung so rasch wie möglich vollziehen, am besten per Januar 2023. Unsere Empfehlung entspricht dem politischen Willen, schnell auf die negativen Auswirkungen der Teuerung zu reagieren.“ Allerdings werden infolge unterschiedlicher kantonaler Erlasse und Prozesse (bspw. Einbezug der Gemeinden) nicht alle Kantone dazu in der Lage sein.